Im September 2022 ging es endlich, nach langer Zeit des Wartens, von Wiesbaden nach Dornbirn in Österreich. Die Internationale Jugendbegegnung für Mädchen zwischen Wiesbaden und Dornbirn hat einen langen Atem, und einige Umwege gebraucht. Ganz gemäß dem Motto: „Der Weg ist das Ziel“. Initiiert durch Petra Bermel vom Mädchentreff Wiesbaden e.V. und Marie Modellatore Pedicini vom Jugendzentrum Georg-Buch-Haus des Amtes für Soziale Arbeit der Landeshauptstadt Wiesbaden, wurde bereits 2019, vor der Coronapandemie, ein Kontakt nach Dornbirn in die österreichische Bodenseeregion Vorarlberg, die umgangssprachlich auch „Ländle“ genannt wird, hergestellt. Mit dem Mädchen*Treff Dornbirn e.V. unter der Trägerschaft der Offenen Jugendarbeit Dornbirn e.V. (kurz OJAD genannt) haben die Wiesbadener Einrichtungen einen offenen Kooperationspartner und engagierte Kolleginnen für dieses Vorhaben gefunden. Die Coronapandemie hat diesem Vorhaben zunächst einen Strich durch die Rechnung gemacht, denn das Reisen (mit Jugendgruppen) war zunächst nicht möglich und später nur sehr eingeschränkt.
Um den Kontakt zwischen Wiesbaden und Dornbirn nicht abbrechen zu lassen und weiter zu entwickeln, haben sich die beteiligten Einrichtungen beider Länder einiges einfallen lassen: so entstanden in den Jahren 2020 und 2021 zwei hybride Formate mit internationalem Begegnungscharakter für Teilnehmerinnen aus Wiesbaden und Dornbirn, die mit einer Menge Motivation, Kreativität und technischem Equipment durchgeführt worden sind. Durch die hybriden Formate konnte die Idee einer internationalen Jugendbegegnung für Mädchen in den Köpfen der Teilnehmerinnen in beiden Ländern aufrechterhalten und das Interesse und die Neugier aufeinander verstärkt werden.
Mit dieser Motivation im Gepäck fand vom 03.09.- 09.09.2022 unsere erste Internationale Jugendbegegnung „in echt“ in Dornbirn statt. Nach einer knapp 7- stündigen Zugfahrt sind wir voller Vorfreude in Dornbirn angekommen. Dort wurden wir mit einer Willkommensparty im Vismut, einem ehemaligen Jugendzentrum, welches die OJAD unter anderem für kulturelle Veranstaltungen, Bandauftritte, Workshops und vieles mehr nutzt, von den Dornbirner Mädchen und Kolleginnen herzlich empfangen. Beim gemeinsamen Abendprogramm mit den 20 Teilnehmerinnen und Betreuerinnen beider Länder mit anschließender Übernachtung in den Veranstaltungsräumen, kamen sich die Teilnehmerinnen schnell näher. Es wurde viel gelacht, besonders auch wegen dem sehr eigenen Vorarlberger Dialekt, „der schon ein bisschen wie deutsch klingt, aber dann doch irgendwie ganz anders ist“, so die Beschreibung der Wiesbadenerinnen.
Die inhaltlichen Schwerpunkte dieser Jugendbegegnung waren neben dem „Mädchen sein“, die Themen „Nachhaltigkeit und Umwelt“, sowie bedingt durch die Teilnahme eines Mädchens mit Autismus, auch das Thema „Inklusion“.
Um allen Teilnehmerinnen einen niedrigschwelligen Zugang zu den Schwerpunktthemen zu ermöglichen, wurden die Themen und Inhalte zu Umwelt und Nachhaltigkeit überwiegend praxisnah vermittelt.
So fand zum Beispiel ein Kräuter-, und Naturkosmetikworkshop statt. Hier konnten die Mädchen aus beiden Ländern erfahren, wie sie nachhaltig und auch kostensparend durch das Sammeln von Kräutern im naturnahen Garten Kräuterprodukte und Kosmetika herstellen können. Die Integration umweltrelevanter Themen, wie gesunde Ernährung, regionale Lebensmittel, vorzugsweise aus dem „Ländle“, Mülltrennung und Wassersparmaßnahmen beim gemeinsamen Kochen und Wohnen, boten immer wieder Anlass sich in Nachhaltigkeit zu üben und sich über Umwelt und Naturschutz auszutauschen.
Die dadurch erfahrenen Handlungsmöglichkeiten im Alltag regten bei den Teilnehmerinnen viele Ideen für eigene Beiträge zu einer nachhaltigen Entwicklung im eigenen Lebensumfeld an. Dieser Aspekt wurde verstärkt durch einen Filmabend im gemütlichen Ambiente des Mädchen*Treffs Dornbirn. Dort haben wir den Film „Kinder der Klimakrise – 4 Mädchen, 3 Kontinente, 1 Mission“, angeschaut. Der Dokumentarfilm begleitet vier Mädchen im Alter von 11 bis 14 Jahre aus Indien, Indonesien, Australien und dem Senegal und zeigt sie bei ihrem persönlichen Kampf gegen Wasserknappheit, Luftverschmutzung und Vermüllung durch Plastik. Durch die Perspektiven der portraitierten Mädchen und ihren ganz persönlichen Sichtweisen, bekamen die Teilnehmerinnen schnell einen Zugang zu den komplexen, globalen Umweltkrisen unserer Zeit und sie zeigten zunehmend ein gesteigertes Interesse an der Thematik. Bei einem gemeinsamen Besuch des Dornbirner Museums „Inatura“, stand das Ausprobieren, Erleben und Begreifen von Natur, Mensch und Technik im Fokus.
Das im Schwerpunkt für Kinder und Jugendliche ausgerichtete Museum bot den Teilnehmerinnen viel Spielraum sich mit den typischen Lebensräumen Vorarlbergs, wie Gebirge, Wald, Wasser und dessen Tiere und Pflanzen auseinander zu setzten und zeigte auf vielfältige Art und Weise, auch multimedial und interaktiv, „das Wunder der Natur“ auf. Selbstverständlich gab es auch intensive Erlebnisse in der Natur selber. Die ganze Bodenseeregion Vorarlbergs lädt dazu ein: die imposanten Berge und Wälder auf der einen, die Weite des Bodensees auf der anderen Seite. Als besonders intensives Erlebnis wurde von den Teilnehmerinnen die eindrucksvolle Fahrt mit der Karrenseilbahn auf den Dornbirner Hausberg Karren in 971 Meter Höhe beschrieben. Oben angekommen erwartete uns eine weitere Besonderheit: Die Karrenkante, eine Konstruktion aus Glas und Metall. Mit der Karrenkante ist ein 12 Meter langer Steg gemeint, der über die Felsenkante hinausgeht und so einen freien und atemberaubenden Blick auf die Schweizer Berge, den Bodensee und das Rheintal ermöglicht. Spätestens jetzt hatten alle Teilnehmerinnen ihre Handys zwecks Selfies und Panoramafotos parat.
Um den Bodensee nicht nur vom Karren aus zu sehen, sondern auch aus nächster Nähe, stand ein Besuch der Landeshauptstadt Bregenz auf dem Programm, die direkt am Bodensee liegt. Vom Hafen Bregenz aus sind wir mit dem Schiff für einen Halbtagesausflug nach Lindau gefahren. Lindau ist eine idyllisch gelegen Inselstadt, mit imposanter Hafeneinfahrt, auf der deutschen Seite des Bodensees. Die Weite des Bodensees und die Tatsache, dass der Bodensee sowohl an Österreich, Deutschland und die Schweiz grenzt, ließ die Wiesbadener Teilnehmerinnen staunen: „Der See ist so groß, er sieht fast so aus wie ein Meer.“
Bei einem Rathausempfang in Dornbirn durch Frau Bürgermeisterin Andrea Kaufmann berichteten die teilnehmenden Mädchen lebhaft von ihren Eindrücken und den Inhalten der Internationalen Jugendbegegnung. Im Anschluss wurden den Teilnehmerinnen beider Länder Zertifikate für ihre erfolgreiche Teilnahme an der Internationalen Jugendbegegnung überreicht.
Die Jugendbegegnung für Mädchen fand im Rahmen von Wiesbaden International statt und wurde über das EU ERASMUS+ Programm Jugend gefördert.